Geschichte

Auswanderung - ein Ausweg aus Not und Armut

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Vor allem in Zeiten der Not haben Menschen ihre Heimat verlassen, um anderswo ihr Glück zu suchen. Meist waren es Missernten mit folgender Teuerung und Hungersnöten, der Mangel an Grund und Boden sowie an Erwerbsmöglichkeiten und Kriegslasten, die die Menschen zur Auswanderung veranlassten.

Nach der Rückeroberung Ungarns und von Teilen Slawoniens und Kroatiens von den Türken durch Prinz Eugen, rief man Siedler aus dem Deutschen Reich in die verödeten und fast menschenleeren Gebiete.
So kam in den Jahren 1689/93 - begünstigt durch schlechte Ernten und Hungersnöte in unserer Gegend - eine erste Auswanderungswelle nach Ungarn zustande. Aus den Herrschaften der späteren hohenzollerischen Lande sind damals über 100 Familien bzw. Einzelpersonen ausgewandert. Bärenthaler waren aber offensichtlich keine darunter.

Eine zweite Auswanderunsbewegung setzte 1712 ein. Anlass dürften vor allem die Auswirkungen des Spanischen Erbfolgekriegs (1701-1714) mit Plünderungen und Brandschatzungen französischer Truppen gewesen sein. So stießen Werbeaktionen, die von ungarischen Grundherren betrieben wurden, auf starken Widerhall.

Auch Bärenthaler wanderten damals nach Südosteuropa aus: Sennerknecht Josef König mit zwei weiteren ungenannten Knechten und Antoni Greblin, der vorher noch sein ''Häusel'' und seinen Acker verkaufte. Auf sein Vermögen von 40 fl wurde der ''Abzug'' - eine Abgabe an die Herrschaft in Höhe von zehn Prozent bei Vermögensexport aus dem Gerichtsbezirk - erhoben. Greblin behielt sich bei seinem Wegzug das Bürgerrecht auf drei Jahre vor, um sich eine eventuelle Rückkehr nicht zu versperren. In den Jahren 1732 bis 1734 verzeichnen wir in unserer Gegend erneut ein Ansteigen der Auswandererzahlen. Aus Bärenthal zogen Josef Greiner und Georg Beckh nach Ungarn.

Die Folgen des österreichischen Erbfolgekriegs (1741-1749) mit schweren Kämpfen in Süddeutschland und die Hungersnot 1740 veranlassten weitere Einwohner unserer Gemeinde, sich im fernen Ungarn eine neue Existenz aufzubauen. Es waren dies Magnus Beckh, Franz Scherer und Antoni Scherer mit Frau und fünf Kindern. Letztere besaßen kein Vermögen. Dasselbe gilt für Anselm Wanner aus Bärenthal, der mit seiner Braut Barbara Franck aus Talheim nach Ungarn reiste, Beide hatten von der Herrschaft den Heiratskonsens, d. h. die Zustimmung zur Heirat, erhalten, aber unter der Bedingung, dass sie sich in Ungarn eine neue Lebensgrundlage aufbauten, Denn als vermögenslose Personen, ohne jeglichen Grundbesitz, hätten sie in der alten Heimat keinen Heiratskonsens erhalten. Hierzu war nämlich der Nachweis einer Nahrungsstelle – der Besitz eines Hofes odereines Hauses und eines ausreichenden handwerklich-gewerblichen Einkommens - zu erbringen.

1744 wanderte außerdem noch der ausdrücklich als arm bezeichnete Beisitzer Valentin Liebtrey nach Ungarn aus. Beisitzer waren Dorfbewohner, die nicht das Gemeindebürgerrecht besaßen, quasi Einwohner zweiter Klasse.

Als in den Jahren 1769 bis 1771 Missernten erneut Hunger und Not auslösten, entschlossen sich wieder einige Bärenthaler zur Emigration nach Südosteuropa. Johann Thanhäuser, Lorenz Thanhäuser mit zwei weiteren Personen und Thomas Wanner zog es nach Ungarn. Auch im 19. Jh. fand die Auswanderung aus unserer Gegend eine Fortsetzung, nun allerdings nicht mehr mit dem Ziel Südosteuropa, sondern vor allem nach Nordamerika.

Eine ständig wachsende Einwohnerschaft - 1802 waren es noch 418 Seelen, 1856 bereits 659 war immer schwieriger zu ernähren. Die Erwerbsmöglichkeiten waren begrenzt. Die landwirtschaftlichen Betriebe waren zumeist klein, eine Folge der vorherrschenden Erbsitte der Realteilung. Der Grundbesitz wurde in der Regel unter den Erben aufgeteilt. Das Dorfhandwerk bot nur einigen Familien eine ausreichende Einkünftegrundlage. Das zu Beginn des 19. Jh. noch stark verbreitete Nagelschmiedgewerbe verlor nach der Stilllegung des Hammerwerks im Jahr 1822 allmählich an Bedeutung und konnte immer weniger Menschen ernähren.

Im Jahr 1854 wurden zwei Bärenthaler Nagelschmieden namens Bock und Spöri bei der Regierung in Sigmaringen vorstellig mit der Bitte, dass ihnen und 20 anderen Gemeindemitgliedern mit ihren Familien ''bei ihrer gänzlichen Mittellosigkeit" die Auswanderung nach Nordamerika ermöglicht werde. Das Begehren wurde abgelehnt, die Regierung wies das Oberamt Wald an, die Einwohner Bärenthals über ''die Vergeblichkeit solcher Gesuche zu belehren" und sie zu ''ermahnen und ermuntern, mit erhöhter Sorgfalt sich um Gelegenheiten zu lohnender Arbeit zu bemühen und solche Gelegenheiten mit Eifer und Sparsamkeit zu benutzen“.

Elf Jahre später verzichteten die Söhne der Witwe Sephora Klaiber, Basilius und Conrad, vom ''Hüttle'' auf ihr angeborenes ''Beisitzrecht'' (geringeres Bürgerrecht) im Gemeindebezirk und auf ihr Staatsbürgerrecht, um nach Nordamerika auszuwandern.

Die durch Übervölkerung des Ortes und durch Mangel an Verdienstmöglichkeiten angespannte soziale und wirtschaftliche Lage des Dorfes wurde schließlich durch eine regelrechte Massenauswanderung binnen weniger Jahre entschärft. Über hundert Bärenthaler wanderten von 1880 bis 1884 nach Amerika aus, weitere folgten in den Jahren danach. Fast 200 Auswanderer von Bärenthal zählte man bis 1923.

Viele fanden in Pennsylvania ihre neue Heimat, andere ließen sich in Chikago, Pittsburgh und New York nieder.

Die Bevölkerung der Gemeinde ging durch die Auswanderung stark zurück. Bewohnten 1875 noch 668 Personen den Ort, so zählte man 1890 nur noch 499 Ortsanwesende und 1932 sogar nur noch 385 Einwohner.

In der Pfarrchronik ist zur Auswanderung folgendes vermerkt: ''Diese Auswanderung wirkte sehr gut auf die Gemeinde zurück, einmal in dem oft gerade die schlimmsten und nichtsnutzigsten Elemente es waren, weiche auswanderten, sodann in dem damit auch wieder Raum gegeben war durch ehrlichen Verdienst im Steinbruch sich durch das Leben zu bringen. So können sich wenigstens die Sparsamen durch Fleiß vor den sittlichen Gefahren der Armut schützen."

Ob es sich wirklich um die "schlimmsten und nichtsnutzigsten Elemente" gehandelt hat, darf bezweifelt werden. Denn viele Auswanderer brachten es in der neuen Welt zu Wohlstand, und zahlreich waren diejenigen, die ihre Verwandten in der alten Heimat in Zeiten der Not mit Geld, Kleidern und Lebensmitteln unterstützten.

Das Sitten-Kontroll-Buch Bärenthal

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Mit dem strengen Titel ''Sitten-Kontroll-Buch'' ist ein Register überschrieben, das im Gemeindearchiv Bärenthal liegt. Dieses 140 seitige Buch im stattlichen Folioformat vermag von vielen Details zu berichten, die sich zwischen 1836 bis weit ins 20. Jh. in der kleinen Gemeinde zugetragen haben. ''Sitten-Kontrolle'' - die Obrigkeit wachte über ihre Untertanen und mischte sich in Dinge ein, die heute für Staat oder Gemeinde tabu sind. Verurteilungen von Bärenthalern durch Gerichte in Sigmaringen und anderswo sind dort ebenso zu finden, wie viele Eintragungen über kleine Vergehen und Übertretungen.

Die Zahl der außerehelichen Geburten war in Bärenthal im 19. Jh. sehr hoch, ''Was die Sittlichkeit anbelangt, so bildet die Zahl der unehelichen Kinder einen nicht unbedeutenden Fleck', schreibt Pater Notker Hiegel in seinem Chronicon der Pfarrei in Berenthal''. Laut ''Sitten-Kontroll-Buch' wurden wiederholt viele Männer und Frauen wegen ''Schwängerungsvergehen zu mehrtägiger Strafarbeit verurteilt. So am 7. Januar 1837 ein lediger Mann wegen des "vierten Unzuchtvergehens'' zu einer 52tägigen Strafarbeit, ebenso seine Partnerin ''im nämlichen Falle'' zur gleichen Strafe.

Penibel zählte die Obrigkeit mit. Die ausgesprochenen Strafen waren jedoch für ein und dasselbe Vergehen unterschiedlich hoch.

Warum erhielt eine andere Frau für den ''vierten Schwängerungsfall'' nur den Vermerk im Sittenkontrollbuch, während das oben genannte Paar für dieselbe Tat mit 52 Tagen Strafarbeit verurteilt wurde?
Es lässt sich unschwer vorstellen, was es für diese Menschen bedeutete, nun wochenlang eine Strafarbeit zu verrichten oder ein paar Tage im Arrest zu verbringen. Das Gespött der Leute war ihnen sicher. Ab 1839 fehlen die Angaben über die Strafhöhe für unzüchtige Handlungen, und in den 1850er Jahren gingen die Einträge wegen eines solchen Delikts stark zurück.

Was war nun die Ursache für die vielen Einträge sittlicher Art? Immerhin, im Jahre 1837 waren von 22 Eintragungen bei 19 ''Unzucht'' oder ''Schwängerung'' als Grund vermerkt, und 1838 hatten von 19 Eintragungen 14 diesen Vermerk. In jener Zeit durfte nicht jeder heiraten. Erst wer ein Vermögen nachweisen oder sonst versichern konnte, dass er eine Familie ernähren und der Gemeindekasse nicht zur Last fallen würde, erhielt den Heiratskonsens. Diese restruktive Heiratspolitik hatte viele uneheliche Kinder zur Folge.

Doch beileibe gibt es nicht nur Einträge solcher Art in diesem Buch, auch wenn sie anfangs sehr häufig erscheinen. Die Bärenthaler waren teilweise recht rauflustig, und die Obrigkeit ahndete diese Vorliebe mit archaischer Strenge. So wurden am 16. Oktober 1841 die ledigen Burschen Franz Karl Bek, Sales Bek, Dominikus Bek, Johann Bek und Alois Greiner zu Arrest zwischen sechs Wochen und acht Tagen verurteilt, zwei erhielten zudem noch zweimal ''15 Stokstreich".

Drei Jahre später galt es, wieder eine größere "Schlägerei und Körperverletzung'' zu ahnden. Johann Bek, Ölmüller, wurde wegen verübter Schlägerei zu 30 Tagen Bürgerarrest, davon jeder sechste Tag Dunkelarrest mit schmaler ''Azung'' bestraft. Vier weitere Bärenthaler wurden wegen ''Antheilnahme an obigen Exzessen" mit ähnlichen Strafen belegt, wobei jedes mal die Dunkelhaft und die ''schmale Azung'' an diesem Tag verschärfend hinzukamen.

Die Schlaghändel fanden natürlich nicht nur in Bärenthal statt. Die Bärenthaler rauften auch in Kolbingen, Beuron und anderswo. Manchmal wird recht ausführlich vermerkt, wie sich solche Gewaltigkeiten abspielten.
Albrecht und Bernhard Greiner sowie Mammert Spöri warfen vorsätzlich mit Steinen und ''Briegel'' auf Menschen, was ihnen jeweils fünf Taler, ersatzweise fünf Tage im Gefängnis einbrachte. Die Bärenthaler Rabauken hatten allerhand "Misshandlungen von Menschen", wie es hieß, zustande gebracht. Nikolaus Greiner, der Sohn des Gemeindebäckers Simon Greiner, bekam wegen vorsätzlicher Körperverletzung ein halbes Jahr Gefängnis u. a. auch wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt. Dem Polizeidiener Marzell Greiner von Bärenthal musste er zudem noch 38 Mark und 50 Pfennige bezahlen, ebenso dem Jacob Oexle eine Buße von 15 Mark und 20 Pfennige. Wahrscheinlich hatte sich Nikolaus Greiner heftig gewehrt, als ihn der Polizeidiener abführen wollte.

Raufereien und ähnlichem gingen meist Beschimpfungen voraus. Der Öler (Ölmüller) Sales Bek erhielt so im Dezember 1842 wegen Beschimpfungen und Ungehorsams gegen den Gendarm Schäfer 18 Tage Arrest. Ein Vierteljahr später kassierte Karl Muri wegen Beschimpfung des Bürgermeisters Bek die gleiche Strafe. Das Maul machten sie schon auf und schimpften ''ungebührlich" aufeinander und auf die Obrigkeit. 1845 bekam der ledige Martin Bek wegen "Äußerung gegen die Obrigkeit" eine sechstägige Arreststrafe, die zur Hälfte durch "dunklen Arrest'' verschärft wurde. Was er denn nun geäußert hatte, wurde leider nicht vermerkt. Die Obrigkeit hatte es gewiss nicht ganz einfach in diesem Zipfel der hohenzollerischen später preußischen Herrschaft. Wegen groben Benehmens gegen Polizeidiener Carl Muri erhielt 1857 Melchior Greiner eine 24stündige Arreststrafe, und Alois Biselli beleidigte den Polizeidiener, als der ihn beim ''Übersitzen der Polizeistunde" im Wirtshaus erwischte.

Und als Josef Greiner Wendels den Polizeidiener Muri öffentlich beleidigte, musste er nach dem Urteil der Kreisgerichtsdeputation Sigmaringen für eine Woche ins Gefängnis gehen.

Carl Muri selbst, der viel beschimpfte Polizeidiener des Orts, war jedoch ebenfalls kein Kind von Traurigkeit. Wegen Schimpfens und Schreiens gegen Gendarm Eisenblatt auf der Straße bekam er 1857 eine Strafe von 3 1/2 Gulden oder zwei Tage Gefängnis. Ein knappes Jahr später hatte sich Muri wieder mit dem Gendarm angelegt und wurde von der Kreisgerichts-Kommission Wald zu 20 Gulden ersatzweise zehn Tage Haft verurteilt. 1860 entließ die Gemeinde Carl Muri wegen ''Dienstnachlässigkeit in der Eigenschaft als Amtsbof'. Der Eintrag der Entlassung ins '' Sitten-Kontroll-Buch'' war schon als Strafe anzusehen. Allerdings, 1863 erschien Muri wieder als Polizeidiener, als ihn Josef Greiner öffentlich beleidigte. "Wörtlich und tätlich" beleidigte 1873 Gabriel Bek den nunmehrigen Polizeidiener Greiner in der Öffentlichkeit. Die Geldbuße war da mit fünf Talern recht gering. Ob Polizeidiener oder Pfarrer, Beschimpfungen gab es häufig. Josef Ströbel verübte 1873 eine ''öffentliche Amtsehrenbeleidigung'' des Polizeidieners in Laiz, und Martin Mauer lärmte 1858 in Gallmannsweil und erhielt wegen gröblicher Beschimpfung des dortigen Herrn Pfarrers Hausmann 14 Tage Gefängnis, wovon fünf Tage mit Hungerkost sein sollten. Als der schon oben erwähnte Ölmüller Sales Bek Bürgermeister Raible wissentlich falsch anschuldigte, verurteilte ihn die Sigmaringer Kreisgerichts-Deputation zu einer dreimonatigen Gefängnisstrafe. Als Norbert Stöhr 1867 Gendarm Levin ''in Beziehung auf seinen Beruf auf einer den Charakter der Verleumdung an sich tragende Weise'' beleidigte, kassierte er drei Wochen Gefängnis. Gar wegen Majestätsbeleidigung musste 1859 Augustin Grieble vors Gericht in Sigmaringen, das ihn zu zwei Monaten Gefängnis verurteilte.

Der Ursprung dieser Beleidigungen und Beschimpfungen lag oft im Wirtshaus. Dort trank man sich Mut an, vergaß die Polizeistunde und wie 1856, dass das ''Zechen während des Gottesdienstes'' verboten war. Die neun Zecher bezahlten je 1 3/4 Gulden oder gingen einen Tag ins Gefängnis.

Auch der Wirt, der wegen des ''Duldens von Gästen während des Gottesdienstes" angeklagt war, bekam die gleiche Strafe. Übrigens, das ''Übersitzen im Wirtshaus" kostete genauso viel.

Natürlich erscheinen in diesem ''Sitten-Kontroll-Buch' auch die Weid- und Waldfrevel, und gerade letztere legen beredtes Zeugnis ab von der Not der Bärenthaler. Selbst kleinere Entwendungen von einer ''Traglast' Lescholz wurden mit einer Geldstrafe zwischen 35 und 52 Kreuzern belegt, ersatzweise einen Tag Arrest. Es waren meist Täterinnen - Frauen oder Mädchen-, die Holz zum Kochen oder Heizen im Wald zusammenklaubten. Am 4. Mai 1857 verurteilte die Kreisgerichts-Kommission in Wald 21 Bärenthaler, natürlich meist Frauen, wegen dieser Holzdiebstähle. Und als ein Jahr später Israel Greiners Weib eine Traglast dürres Holz aus dem Wald nahm, wurde sie mit 35 Kreuzern bestraft, und zusätzlich bekam sie 48 Kreuzer Strafe für das Rupfen von Moos im Wald. Die Not war groß. Viele Bärenthaler mussten um ihren Lebensunterhalt kämpfen, wenn sie Leseholz oder Moos oder Gras, wie Xaver Seifrieds Weib, aus dem Wald nahmen. Nur wenige wagten sich an wertvollere Dinge, obwohl auch solches vorkam, wie jener Bärenthaler, der 1848 im Pfarrhaus von Leibertingen einen silbernen Kaffeelöffel stahl.

Die Not in Bärenthal war im 19. Jh. groß. Arbeitslosigkeit und die zu große Zerstückelung der Feldgrundstücke waren eine schlechte Ausgangsbasis für wirtschaftlichen Aufstieg nach der Schließung des Berg- und Eisenwerks 1922 bzw. 1832 in Bärenthal. Die fürstliche Regierung in Sigmaringen empfahl 1839 die verstärkte Einführung von Webstühlen, aber auch das Erlernen von Handwerksberufen und das Wandern, um sich an anderen Orten durch Hausierbandel etwas Geld zu verschaffen. Sie mahnte aber auch den Mangel an Arbeitslust und Arbeitseifer an.

Auf die Wanderschaft gingen dann die Bärenthaler. Viele wurden in den umliegenden Ämtern wegen des Bettelns zu kurzzeitigen Arrest- oder Gefängnisstrafen verurteilt. Männer und auch Frauen fielen wegen ''zwecklosem liederlichen Herumziehen" auf und bekamen Haftstrafen. Anna Maria Beil z. B. erhielt 1851 16 Tage Arrest, davon sechs Tage Dunkelhaft mit schmaler ''Azung'' Das Betteln wurde als Hauptdelikt der Bärenthaler im ''Sitten-Kontroll-Buch'' vermerkt. Das Betteln artete bei Augustin Grieble aus und wurde zur ''Landstreicherei''.  Er bekam 1854 eine zehntägige Gefängnisstrafe und sollte nach der Verbüßung derselben, so befahl es das Kreisgericht Hechingen, ''auf einen von der Landespolizeibehörde zu bestimmenden Zeitraum von 3 Jahren nicht übersteigende Zeitdauer in ein Arbeitshaus'' eingesperrt werden. Wegen Armuts musste er die Kosten für das Verfahren nicht tragen, hieß es am Schluss des Eintrags. Trotz der mehrfach verhängten "schmalen Kost" in den 1850erund 18 60er Jahren war der Schuster Peter Greiner nicht vom Betteln abzubringen.

Sein "arbeitsscheues Herumziehen und ungebührliches Benehmen" brachte ihm eine Vielzahl von Einträgen ins Buch ein. Viele Verurteilungen wegen Bettelns heimsten sich auch wandernde Handwerksgesellen aus Bärenthal ein. Die Namen der verurteilenden Gerichte weisen den Weg, den diese Wandergesellen gingen und die sich in diesem ''Erwerbszweig'' versuchten oder dazu gezwungen waren. Steinhauer, Ziegler und Bierbrauer waren darunter. So lässt sich die Wanderschaft des Bierbrauers Leo Bek an seinen Verurteilungen wegen Bettelns fast genau nachvollziehen: Januar 1879 Stuttgart, Januar 1879 Hechingen, Februar 1879 Ebingen, März 1879 Überlingen, März 1879 Konstanz, Juli 1879 Minnenstadt (?), Oktober 1879 Ravensburg, Dezember 1879 Riedlingen, Februar 1880 Heidenheim, Mai 1980 Ulm, Juli 1880 Waiblingen, Juli 1880 Waldsee, Oktober 1980 Mindelheim, März 1881 Schongau. An letzterem Ort wurde er wegen Bettelns und Landstreicherei zu 14 Tagen Haft verurteilt und aus Bayern verwiesen. Irgendwie muss sich Bek diese Strafe zu Herzen genommen haben, denn außer zwei weiteren Malen taucht sein Name in diesem Buch nicht mehr auf. Der Maurer Bek aus Bärenthal bettelte selbst in Berlin, denn das Amtsgericht Charlottenburg verurteilte ihn im Januar 1902 wegen Bettelns mit einem Tag Haft.

Viele versuchten, so wie es die Obrigkeit in Sigmaringen empfohlen hatte, durch das Hausierergewerbe der Not zu entkommen. Die Verurteilungen wegen "unbefugten und leichten Brotverkaufs'' 1854 deuten darauf hin. Sie vergaßen ihr Gewerbe anzumelden, wie die 1873/74 ertappten Bärenthaler, die den Branntweinhandel ohne Genehmigung betrieben.

In den Nachbarorten wurde sehr darauf geachtet, dass ja kein Bärenthaler in den Waldungen etwas mitnahm und sei es nur dürres Holz oder Haselnüsse. So wurden der Nagler Engelbert Stöhr und der Tagelöhner Martin Maier wegen Haselnusssammelns auf Irndorfer Markung mit Strafen belegt. Die Strafen wandelten sich mit der Zeit. Im Zuge der starken Auswanderungen Mitte der 1880er Jahre wurden 1885 mehrere Bärenthaler zu der hohen Geldstrafe von 200 Mark verurteilt, ersatzweise 40 Tage Haft, weil sie unerlaubt ausgewandert waren. Drei Jahre später traf es vier junge Bärenthaler, die sich der "Verletzung der Wehrpflicht' schuldig machten, weil sie sich ebenfalls aus dem Ort entfernt hatten und nicht mehr zum preußischen Militär gezogen werden konnten.  Wie aus einer anderen Welt erscheint da die eine Mark, die 1889 die Krämerin Martin Öxle Witwe bezahlen musste, weil sie am Sonntagmorgen während des Gottesdienstes die Schaufenster    an ihrem Kaufladen nicht geschlossen hatte.

Zeittafel Bärenthal

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1092

Erste urkundliche Erwähnung von „Beroa“ in der „Notitia fundationis“ (Gründungsbrief) des Klosters St. Georgen.

 

14./15. Jahrhundert

Kloster Beuron erwirbt zahlreiche Besitzungen in Bärenthal.

 

1477

Kloster Beuron verkauft die Herrschaft Ensisheim an Graf Josef Nikolaus von Zollern.

 

1586

Vertrag zwischen Graf Christoph von Zollern und dem Propst des Klosters Beuron über Güter zu Bärenthal.
 

1588

Propst Veit von Beuron lässt die Pfarrkirche errichten.

 

1720

Etwa zehn Bärenthaler Familien, die zum lutherischen Glauben übergewechselt sind, gründen bei Wurmberg in Württemberg den Ort Neu-Bärenthal.

 

 
1751

Kloster Beuron erwirbt das Dorf Bärenthal mit Ensisheim einschließlich der Niedergerichtsbarkeit.

 

 
1758

(Neu) Bau der Pfarrkirche.

 

 
1796

Französische Truppen in Bärenthal, 19 Häuser einschließlich der Kirche werden niedergebrannt, mehrere Einwohner erschossen.

 

 
1797

Wiederaufbau der Kirche.

 

 
1803

Bärenthal fällt im Zuge der Säkularisation (Aufhebung der geistlichen Territorien) an Hohenzollern- Sigmaringen.

 

 
1822

Stilllegung des Hammerwerks Bärenthal.

 

 
1831

Starker Wolkenbruch mit Hagel vernichtet die gesamte Ernte und beschädigt mehrere Häuser.

 

 
1832

Gründung der Siedlung Bäraweiler (Gnadenweiler).

 

1846

Abbruch des alten, baufälligen Schulhauses.

 

 
1846-47

Missernten lösen Hunger und Not aus.

 

 
1847

Bau eines Schul- und Rathauses mit Lehrerwohnung, Ratsstube und Spritzenhaus.

 

 
1861

Fertigstellung der Hüttenbergsteige.
 

 

1871

Fünf Einwohner Bärenthal sterben an Pocken.
 

 

1875

Eine Feuersbrunst zerstört vier Häuser beim oberen Brunnen (die Häuser des Johann Georg Grieble, Gemeindelehrer, seiner beiden Söhne Xaver und Rudolf und von Franz Oexle).

 

 
1880 – 84

Über hundert Bärenthaler wandern nach Amerika aus. Ursachen: Übervölkerung des Ortes, der 1875 668 Einwohner zählt und Mangel an Verdienstmöglichkeiten.

 

 
1886/87

Korrektur und Begradigung der Bära.

 

 
1887

Fertigstellung der Heubergwasserversorgung. Das Pumpwerk der Heubergwasserversorgung wird auf dem Gelände des ehemaligen Hammerwerks errichtet.

 

 
1896

Neubau des Pfarrhauses.

 

 
1898

Anschluss von Gnadenweiler an die Heubergwasserversorgung.

 

 
1914

Güterzusammenlegung (Flurbereinigung) in Bärenthal. „Reguliert“ werden 362 Hektar.

 

 
1914-1918

Der erste Weltkrieg fordert zahlreiche Opfer: Die Gemeinde hat 19 Gefallene und vermisste zu beklagen.

 

 
1923

Inflationsjahr
Die Kosten der in der Inflationszeit erbauten „Billionenwegs“ belaufen sich auf die Summe von 2.600.704.801.164.420.Reichsmark.
 

 

1924

Erstellung einer Zigarrenfabrik durch Michael Adler aus Viernheim. Zeitweilig beschäftigt der Betrieb 25 Personen.

 

 
1926

Die Kirche erhält eine neue Orgel; Weihe von zwei neuen Glocken.

 

 
1927

Bau der Wasserleitung; bis zu diesem Zeitpunkt gewährleisteten sechs Brunnen die Versorgung der Einwohnerschaft mit Wasser.
 

 

1933/34

Notstandsarbeiten; Nebeu von Waldwegen auf Bärenthaler Gemarkung.

 

 
1934

Einrichtung einer Schwesternstation.

 

 
1935

Steinbruchbetrieb Wilhelm Beck beschäftigt 36 Mitarbeiter.

 

 
1938

Trikotagenfabrik Traugott Schmid, Ebingen, errichtet in Bärenthal eine Filiale.

 

 
1939-45

Zweiter Weltkrieg:
Bärenthal hat 48 Gefallene und 11 Vermisste zu beklagen.

 

 
1954

Umbau des Farrenstalls.

 

 
1956/1957

Willi Sauter aus Unterdigisheim errichtet erste Automatendreherei in Bärenthal.

 

 
1957/58

Bau der Ortskanalisation.

 

 
1958/59

Neubau des Pumpwerks Hammer, Renovation der Pfarrkirche.

 

 
1966

Weihe der neuen Orgel.

 

 
1968/69

Umbau und Erweiterung von Schule und Rathaus.

 

        
1969/70

Neubau eines Kindergartens.

 

 
1970/1971

Neubau eines Feuerwehrgerätehauses.

 

 
1975

Hochwasserschäden, zwei Bärabrücken werden zerstört.

 

 
1975/76

Neubau einer Friedhofshalle.

 

 
1984/1985

Bau der Kläranlage.

 

 

1986

Unwetter vom 18./19.6.: Hochwasserschäden in Höhe von 2,8 Millionen DM.

 

 
1986/87

Renovierung der Schlößlemühle.

 

1989

Weihe der rebarockisierten Kirche.

 

1992

Euro-Bärentaler werden gegründet: Völkerverbindung von Bärenthal, Bärental/Feldberg, Baerenthal (Frankreich, Elsaß-Lothringen), Bärental (Österreich) und Neubärental (Pforzheim).

 

 
2006

Das Gewerbegebiet "Eschle" wird erschlossen. Gleichzeitig entstehen im "Eschle" Bauplätze.

 

 
2007

Bau der künstlerisch ansprechenden und theologisch fundierten, mit großer Symbolkraft gestalteten Kapelle "Maria - Mutter Europas" in Gnadenweiler.
 
Am 05. Juli 2007 brennt das Gebäude der Firma Sauter Drehteile. Es entstand ein Totalschaden.
 

 

2008

In der Ortsmitte - hinter dem Pfarrhaus - entsteht unter großer ehrenamtlicher bürgerschaftlicher Beteiligung ein Spielplatz.
 
Im Gewerbegebiet "Eschle" entsteht ein moderner Fabrikneubau der Firma Sauter Drehteile.
 
Archäologische Grabungen im "Eschle", Freilegung von Gräbern und Skelettfunde aus dem 7. - 10. Jahrhundert
 

 

2009

Bärenthal schließt an die Wasserversorgung des Zweckverbandes Hohenberggruppe an.
 
Das schnelle Internet - DSL 16 000 - kommt nach Bärenthal.

Vor- und Frühgeschichte

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Die erste schriftliche Erwähnung Bärenthals datiert vom Jahr 1092, die Besiedlung der Gemarkung und der Umgebung des Dorfes reicht aber viel weiter zurück.

Bereits in der so genannten Altsteinzeit (bis etwa 10.000 v. Chr.), als die Gletscher der Alpen wieder allmählich abschmolzen, lebten Menschen in unserer Gegend. Es waren Jäger und Sammler ohne festen Wohnsitz, Sie durchstreiften das Land, um sich durch Jagd, Fischfang und Sammeln von essbaren Pflanzen zu ernähren. Höhlen waren bevorzugte Aufenthalts- und Zufluchtsplätze. Sie schützten vor den Unbilden der Natur. Spuren hinterließen diese Steinzeitmenschen in der Beilsteinhöhle bei Egesheim, im Propstfels bei Beuron und in der Bultentalhöhle (Buchheim).

Auch die zahlreichen Höhlen beiderseits des Tals der Bära auf Bärenthaler Gemarkung
(Mondmilchloch u. a.) dürften damals den Menschen Schutz geboten haben. Neben Höhlen und Felsüberhängen dienten auch Zelte aus Tierfellen den Menschen als Unterkunft. Mit dem Beginn der Jungsteinzeit (etwa 6.000 v, Chr.) ist eine entscheidende Veränderung der Lebens- und Wirtschaftsweise festzustellen. Die Menschen machten sich allmählich sesshaft und begannen Ackerbau und Viehzucht zu treiben. Das Töpfern und Brennen von Tongefäßen war ein bedeutender Fortschritt, denn nun konnte eine rationelle Vorratshaltung durchgeführt werden. Die Menschen konnten damals auch Steinbeile schleifen und mit Spinnwirtel und Spindel aus Flachs und Hanf Garn spinnen und auf primitiven Webstühlen Gewebe herstellen.

Um 2000 vor Chr. ersetzten Metallgeräte und -waffen allmählich solche aus Stein, Knochen und Holz. Die Menschen lernten, aus Kupfererz reines Kupfer zu gewinnen, das mit Zinn zu härterer Bronze gegossen wurde. Bronzeschmuck scheint, wie zahlreiche Funde belegen, bei den Frauen sehr beliebt gewesen zu sein. Auch auf Bärenthaler Gemarkung wurden gegen Ende des letzten Jahrhunderts zwei Armringe aus der Bronzezeit gefunden.

Seitdem 8. Jh. v. Chr. trat zum Werkstoff Bronze das Eisen hinzu, die Eisenzeit begann. Damals lebten in unserer Gegend Kelten. Von ihnen zeugen viele Grabhügel auf Kolbinger, Irndorfer und Reinquishausener Gemarkung. Bei Ensisheim existierte in dieser Zeit eine Siedlung. Reste von Gebäuden und Abfallgruben belegen, dass der Platz vom 8. bis 5. Jh. v. Chr. und bis zum 1. Jh. n. Chr. besiedelt war, In der Kalktuffgrube bei Ensisheim fand Oberlehrer Reiser aus Nusplingen im Jahre 1939 neben mittelalterlichen Scherben auch solche, die an spätkeltisch - römische Ware erinnern. Die keltische Siedlung bei Ensisheim dürfte den Funden zufolge also auch noch nach der Besetzung durch die Römer einige Zeit bestanden haben.

In den Jahren 16 bis 13 v. Chr. besiegten die Stiefsöhne des Kaisers Augustus, Tiberius und Drusus, die keltischen Stämme der Räter, Helvetier und Vindeliker. Die Römer unterwarfen diese Stämme und brachten das Alpenvorland bis zur Donau unter ihre Botmäßigkeit. Im Laufe des 1 - Jh. n. Chr. wurde die römische Grenze vorverlegt, zuerst auf die Albhochfläche, dann an den Neckar. Um 155 n. Chr. bauten die Römer schließlich den Limes, eine Grenzbefestigung, die Süddeutschland vom Main bis zur Donau bei Regensburg gegen die Germanen sicherte.

Im Hinterland des Limes entstanden zahlreiche Siedlungen und Gutshöfe (''villae rusticae''), so in der ''Bleiche'' nördlich von Tuttlingen, nördlich von Mühlheim bei der ''Altstadt'' und östlich von Neuhausen. Im Bärental entdeckte man römische Münzen mit der Umschrift des Kaisers Trajan.

Seit dem Jahr 213 n. Chr. bedrohte der germanische Stamm der Alemannen immer wieder das römische Gebiet 259/60 gelang es ihnen schließlich, das Bollwerk Limes zu überwinden. Die römischen Truppen zogen sich an den Rhein zurück und die Alemannen besetzten das Land. Seit dem 5. Jh. gründeten sie feste und dauerhafte Siedlungen. Die ältesten Orte sind jene, die auf -ingen enden: Fridingen, Nusplingen, Böttingen, Kolbingen. Reihengräberfunde sind Indizien für eine Besiedlung durch die Alemannen. Ausgedehnte Gräberfunde entdeckte man bei Tuttlingen, Nusplingen, Fridingen, Böttingen und Neuhausen. Die Bestatteten waren oft mit reichhaltigen Beigaben versehen. Dem freien Mann legte man in der Regel die Waffenausrüstung (die Spatha – ein zweischneidiges Langschwert-, den Sax - ein einschneidiges Kurzschwert – und Lanze) mit ins Grab, in Frauengräbern fand man vor allem Schmuck - Arm- und Ohrringe, Halsketten, Fibeln - und tönerne Gefäße. Gegen Ende des 7. Jh. hörte die Beigabe von Waffen und Schmuck allmählich auf. Dies lässt vermuten, dass das Christentum langsam Verbreitung fand.

Erwähnung finden sollte noch eine mittelalterliche Eisenschmelze bei Ensisheim. Meterdicke Schichten mit zahlreichen Erzschlacken im Bereich des Tuffsteinbruchs sind ein Beweis für deren Existenz in früherer Zeit.

 

Archäologische Funde im „Eschle“ wecken Neugierde

Die archäologischen Funde im Gewerbegebiet „Eschle“ weckten bei der Informationsveranstaltung, bei der Bürgermeister Roland Ströbele über 30 Teilnehmerinnen und Teilnehmer begrüßen konnte, lebhaftes bürgerschaftliches Interesse. Bekanntlich wurden bei den Erschließungsarbeiten im Gewerbegebiet „Eschle“ 11 Gräber angeschnitten. Die früheren und heutigen Funde lassen darauf schließen, dass sich im 7. Jahrhundert im „Eschle“ eine fränkisch-alemannische Siedlung befunden hat. Die Landesdenkmalpflege ist deswegen der Auffassung, dass die Geschichte der Gemeinde Bärenthal neu aufzuarbeiten ist, dass Bärenthal weit älter als bisher angenommen ist, und dass Bärenthal im frühen Mittelalter sehr bedeutsam war.
 
Frau Dr. Jutta Klug-Treppe berichtete bei Veranstaltungen in den Jahren 2008 und 2009 über die neuen archäologischen Fundstellen auf der Gemarkung Bärenthals, über die Entdeckung, die Funde und deren geschichtliche Bedeutung.
Bei den Erschließungsarbeiten im Gewerbegebiet „Eschle“ seien bei den Kanalisationsarbeiten auf einer Länge von 30 Metern 11 Skelette gefunden worden. Braune Verfärbungen im Boden seien für die Archäologen Hinweise auf Gräber und Brunnen. Materialien in den Gruben lassen Rückschlüsse auf die Lebensweise zu. Nach den Funden 1967 bei den Bauarbeiten zur L 440, damals wurden drei aus Eisen geschmiedete Schwerter geborgen, erhoffe sie sich von den neuen Grabungsstätten weiteren Aufschluss über das Leben im frühen Mittelalter und die sozialen Strukturen. Männergräbern seien Waffen, Frauengräbern Schmuck wie Fibeln und Perlenketten, oft auch Keramik- oder Glasgefäße mit Nahrung auf dem Weg ins Totenreich als Grabgaben beigefügt. Grabgaben sind eine wichtige Quelle. Sie ermöglichen Aussagen über das gesellschaftliche Milieu und die Modeentwicklung.
Die Funde sind dem 7. Jahrhundert zuzuordnen. Hinweise auf eine Besiedelung geben auch die angeschnittenen Gruben mit den Scherben von Tongefäßen, die Schlackenfunde seien der Nachweis für Erzvorkommen. Verhüttungseinrichtungen seien immer in der Nähe der Erzvorkommen und in Wassernähe eingerichtet worden.
 

40 Gräber, davon ein Drittel mit Kindern belegt, konnten 2008 erschlossen werden. Neben Profis haben auch Ehrenamtliche des Arbeitskreises „Pro Lebensqualität – Bärenthaler Archäologie“ bei den Grabungen mitgewirkt. Die Gräber mit Einzelbestattung sind nach West-Ost ausgerichtet und lagen im engsten Raum dicht beieinander. Schlüsse sollen aus der Art der Stellung der Skelette ebenso gezogen werden wie nach einer anthropologischen Auswertung (spezielle Untersuchung der Knochen). Bei den im Kindesalter Verstorbenen konnten Krankheiten und Mangelerscheinungen festgestellt werden.

Folgerungen aus den Funden zu ziehen, ist auch deshalb schwierig, weil Grabbeigaben fehlen. Eine Besonderheit stellt die zeitlich lange Verwendung als „Friedhof“ vom 7. – 10. Jahrhundert dar. Diese Altersbestimmung erfolgte durch die Universität Heidelberg. Letztlich sollen gesellschaftliche, ökonomische und Siedlungszusammenhänge aus dieser Zeit erforscht werden. Im Rahmen einer Magisterarbeit unter Anleitung von Prof. Dr. Joachim Wahl, Universität Tübingen, wird  ausgewertet.
Bei der im September 2009 begonnenen weiteren Grabung konnten an anderer Stelle  bereits in den ersten Tagen wieder 10 Gräberfelder erschlossen wurden

Zeittafel Ensisheim

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1094

Erste Nennung in Urkunden des Klosters St. Georgen als "Ensigesheim".

 

1416

Das Kloster Beuron ist Besitzer.


1477

Das Kloster Beuron verkauft die Burg Ensisheim an Josef Nikolaus von Zollern.


1576

Der Ort kommt an Hohenzollern-Haigerloch; Graf Christoph lässt in Ensisheim eine Glashütte errichten.


1618-1648

Dreißigjähriger Krieg
Ein Nonnenkloster, welches hier steht, wird durch die Schweden zerstört. Als einziges Gebäude bleibt die Schlößle-Mühle stehen.


1634

Der Ort fällt an Hohenzollern-Sigmaringen.


1751

Das Augustiner-Chorherrenstift Beuron wird wieder Besitzer.

 

1784

Das im 16. Jhdt. an Stelle der ehemaligen Burg errichtete Jagdhaus wird zu einem Schlösschen umgebaut.

 

1803

Durch die Säkularisation kommt der Klosterbesitz samt Ensisheim an Hohenzollern-Sigmaringen.

1877

Die Familie Drißner wird Besitzer der Schlößle-Mühle.

 

1908

Das Schlößle wird fortan als Forsthaus genutzt. Bis dahin wohnten die fürstlichen Jäger im 1841 erbauten Jagdhaus Karlswahl.

 

1912

In der Schlößle-Mühle wird ein oberschlächtiges, im Durchmesser 12 m großes Wasserrad eingebaut.

1948-1949

Das Wasser der Schlößle-Quelle, welches das Wasserrad angetrieben hat, wird für die Pumpstation Heuberg-Wasserversorgung gefasst.

 

1956

Das Viehhaus gegenüber dem Forsthaus wird abgebrochen.

 

1962-1963

Das Schlößle-Forsthaus wird abgebrochen. Es war ein wunderschönes, geräumiges Haus und gut erhalten. Die Räume waren mit Holztäfelungen und Stuckarbeiten an den Decken versehen, die Rundbogenfenster außen mit Ornamenten bemalt,über der Haustüre Abtstab und Mitra angebracht. Am Giebel stand der Spruch: "Wer sagt, dass er ohne Fehler gebauet - begebe sich hierher zu wischen diesen Reimen ab".
Gegenüber der Pumpstation "Hammer", am Wald gelegen, wird ein neues Forsthaus gebaut.


1976

Heimat-und Naturfreunde bemühen sich um die Erhaltung des großen Wasserrades der Schlößlemühle, jedoch ohne Erfolg.

1983

Die Beimühle der Schlößle-Mühle soll in das Freilichtmuseum Neuhausen umgesetzt werden.


14.10.1983

Die Aktionsgemeinschaft zur Erhaltung der Beimühle wird gegründet und beginnt mit der Restaurierung. Ein weiteres Ziel ist die Wiederherstellung des großen Wasserrades.


16.-17.07.1987

Einweihungsfest der kleinen Mühle (Beimühle). Pater Notker Hiegl, OSB, Pfarrer von Bärenthal, Beuron und Hausen-Thiergarten nimmt die Weihe vor